Die Dänen Marianne Rüsz, Leif Sørensen, Helle Vibeke Sørensen, Jorgen Salling Møller, Kari Hjulgaard und Finn Verner Nielsen sind Nachkommen und Angehörige von damaligen KZ-Insassen. Auf Einladung der Historiker Hermann Krüssel und Günter Kathmann haben sie zwei Tage in Meppen verbracht. An dem Ort, wo ihre Väter und Brüder großes Leid und Unrecht erfahren mussten.
Der Tag begann mit einem Besuch auf der
Kriegsgräberstätte in Fullen. Hier waren die Nachkommen der damaligen Lagerinsassen bislang noch nie gewesen. Auf dem Friedhof ruhen eine vierstellige Zahl an sowjetischen Kriegsgefangenen sowie ein unbekannter Albaner; zudem waren hier 751 italienische Militärinternierte bestattet, die im Laufe der 1950er Jahre exhumiert wurden. Laut ausgiebigen Recherchen von Hermann Krüssel und Günter Kathmann wurden hier auch Exekutionen von Gefangenen durchgeführt. Dafür war augenscheinlich auch ein kleiner Sandhügel errichtet worden, der aller Wahrscheinlichkeit als Schallschutz diente, damit man die einzelnen Pistolenschüsse nicht bis ins nahegelegene Lager und in den umliegenden wenigen Häusern hören konnte, so die Vermutung von Hermann Krüssel.
Das Foto zeigt den Ort der möglichen Exekutionen. Zeugen gibt es verständlicherweise keine mehr, so Krüssel (Foto: Matthias Brüning)
Im Rahmen des Projekts „Namensziegel“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge haben Schüler der Anne-Frank-Schule in Meppen seit 2013 mehr als 160 Namen von sowjetischen Kriegsgefangenen recherchiert und sie in Tonziegel gebrannt.
Diese wurden auf der Kriegsgräberstätte in Metallgestellen aufgestellt, die von Schüler der Berufsbildenden Schulen Meppen dafür gebaut wurden.
Nach einem weiteren kurzen Zwischenstopp am Ort des ehemaligen
Emslandlager X Fullen ging es weiter nach Versen. Die damaligen KZ-Häftlinge, darunter auch etwa 200 Dänen, mussten hier im Winter 1944/45 Verteidigungsstellungen in Meppen anlegen. Wegen unzureichender Ernährung, Kleidung und Unterbringung starben bei dem harten Arbeitseinsatz hunderte Häftlinge. Hinzu kamen willkürliche Übergriffe der Wachmannschaften. Am 25. März 1945 wurde das Außenlager Versen aufgelöst. Die SS transportierte die KZ-Häftlinge vor den heranrückenden alliierten Truppen über Cloppenburg in Richtung Neuengamme.
Auf der nahegelegenen Kriegsgräberstätte legten die Dänen am Nachmittag Kränze nieder und erinnerten somit 80 Jahre nach der Befreiung an ihre damals internierten Hinterbliebenen. Alle Namen wurden am Denkmal vorgelesen.
Gemeinsam mit Hermann Krüssel und Günter Kathmann, die das Buch „
Dät wuss du nich wääten!“ geschrieben haben, welches über die Lager und Friedhöfe von Fullen und Versen handelt, trafen sich alle Beteiligten zu einer Gedenkfeier an der Kriegsgräberstätte in Versen.
Nach der Kranzniederlegung besuchten die dänischen Gäste auch die Justizvollzugsanstalt Meppen (JVA), wo sich auf dem Gelände das damalige
Lager IX Versen befand. Erstmals sahen sie dort die sogenannte Täterbaracke, die dort immer noch steht. Sie ist die letzte Baracke des ehemaligen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagers in Versen und damit eines der wenigen sichtbaren Zeugnisse des Naziterrors im Emsland. Die Baracke ist mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand und droht auf dem Gelände der JVA zu zerfallen. In einem Gespräch nach der Besichtigung erzählte die Dänin Marianne Rüsz bedrückend, „Je weiter ich hinein ging, umso kälter wurde es.“ Ihr Vater sprach immer offen über seine Erlebnisse. Dieses Vermächtnis möchte sie weitertragen.
Wie ist das Treffen zustande gekommen?
Hermann Krüssel hatte zuvor im Rahmen seiner Recherchen eine dänische Internetseite zur Erinnerung an KZ-Häftlinge in Meppen-Versen gefunden und nahm dort Kontakt mit Finn Verner Nielsen auf. Dieser Austausch führte schließlich am 14. März 2025 zu der gemeinsamen Gedenkveranstaltung in Meppen.
Die Initiatoren und Buch-Autoren Kathmann und Krüssel kündigten an diesem Nachmittag ein Folge-Buch zu den beiden Lagern und Friedhöfen an. So habe es nach der Veröffentlichung des ersten Buches noch weitere Erkenntnisse und Informationen gegeben, die ein weiteres Buch füllen würden, so Krüssel.
Der Tag endete am Abend mit einem Konzert in der Fullener Kirche.
Ein Video von dem Besuch der Dänen ist auf unserer
Facebookseite zu finden:
Fotos: Matthias Brüning
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