Papenburg – Ein Kunstschulprojekt zur nachhaltigen Entwicklung

Die beiden emsländischen Bildungseinrichtungen waren mit ihrem Kooperationsprojekt als einzige Kunstschulen in Niedersachsen Teil des Förderprogramms „NOW!“ der Stiftung Niedersachsen. Die Förderung erlaubte es ihnen das Thema Nachhaltigkeit im intensiven Austausch mit künstlerischen Methoden kritisch zu erforschen und sich gemeinsam damit auseinanderzusetzen. Grundlage waren die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN.

Aufbauend auf diesen Forschungen wurde das Thema ab Sommer 2023 in vielfältigen Vermittlungsangeboten für das reguläre Programm der Kunstschulen Lingen und Papenburg in Kursen, Workshops und bei besonderen Aktionen integriert. So erhielt das Themenspektrum Nachhaltigkeit bewusstseinsbildenden Raum in Form verschiedener Diskursformate, an denen im Rahmen von „Planet Erde“ rund 1.000 Menschen verschiedener Altersgruppen teilgenommen haben.

Um insbesondere Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, die notwendigen Transformationsprozesse mitzugestalten, haben verschiedene künstlerische Formate in Workshops oder (Ferien-)Kursen dazu eingeladen, durch Experimentieren und Materialerforschungen ein anhaltendes Bewusstsein für den Umgang mit den Ressourcen auf unserem Planeten zu schaffen.

Im Rahmen des Projekts arbeiteten die Kunstschulen außerdem in Angeboten mit Schulklassen, Kindertagesstätten und weiteren Gruppen wie z. B. dem NAJU Emsbüren (NABU Emsland Süd), dem Biohof Spelle sowie Vertreter des Kinder- und Jugendparlaments Lingen.

Auch die jungen Menschen, die ihr FSJ-Kultur und Jahrespraktikum in der Kunstschule in Papenburg absolvierten, haben das Thema Nachhaltigkeit für eigenen Projekte übernommen und die 17 UN-Ziele künstlerisch gestaltet in der Einrichtung sichtbar gemacht sowie zwei Zukunftstage für Kinder dazu ausgerichtet.

Im öffentlichen Raum fanden mehrere Formate im Stadtpark in Papenburg statt. Auch auf dem „Internationalen Fest“ der Stadt Papenburg und der „Fairen Meile Lingen“ konnte jeweils mit Mitmachaktionen ein breites Publikum für das Thema Nachhaltigkeit erreicht werden.

Weiterhin öffnete sich die Galerie der Kunstschule Zinnober als Begegnungsort für Diskurs- und Philosophier Kreise, offene Ateliers und Empathie Labore, in denen ein experimenteller Raum zur Erkundung von System-Verbindungen und Beziehungen zur Verfügung gestellt wurde. Hier wurde gemeinsam philosophiert und Kunst gemacht, Filme für eine bessere Welt (TOMORROW, Aus der Kraft der Sonne, Das Geheimnis der Bäume, LEANING INTO THE WIND) gesehen, gemeinsam ein nachhaltiges Buffet gestaltet, gewerkelt, diskutiert, geträumt, gedruckt, in Frage gestellt, experimentiert, gespielt. In Kooperation mit dem Centralkino Lingen e. V. fanden zwei Kinoabende zum Thema Nachhaltigkeit statt. Gezeigt wurden die Filme „Das geheime Leben der Bäume“ und „The North Drift – Plastik in Strömen“.

Im Dezember 2023 lud die Kunstschule Lingen im Rahmen des Projekts zu einer ganz besonderen Ausstellung ein – zu einer Upcycling Weihnachtsausstellung, an der rund 370 Kinder, Jugendliche und Erwachsene beteiligt waren. Weihnachten einmal anders gedacht, im Sinne der Nachhaltigkeit, der Müllvermeidung, -verwertung und des Umweltschutzes: entstanden sind alternative Weihnachtsbäume, Krippen, Weihnachtskugeln, Sterne und noch viel mehr – alles aus recyceltem Material und mit unglaublich viel Kreativität und Ideenreichtum der Teilnehmer. Die gesammelten Werke waren in den Wintermonaten 2023/24 im Foyer des Rathauses Lingen zu sehen.

Da Nachhaltigkeit als Ganzes nur durch Zusammenwirken denkbar ist, agierten die beiden Kunstschulen stets in enger Kooperation, um Synergieeffekte zu nutzen und um das Thema Nachhaltigkeit als Gemeinschaftsaufgabe zu vermitteln. In gemeinsamen Weiterbildungs-Workshops haben die Kunstschulteams z. B. Vermittlungsmethoden und -möglichkeiten zum Thema „Nachhaltigkeit“ durch eine Wildnis- und eine Umweltpädagogin kennengelernt und wie Farben aus Pflanzen hergestellt werden.

Ein Arbeitsteam beider kultureller Bildungseinrichtungen hat im Zusammenhang mit dem eigenen ökologischen Fußabdruck eine Materialrecherche der Verbrauchsmaterialien für die Kunstschularbeit durchgeführt. Erstellt wurde eine Liste, die Aufschluss darüber gibt, welche Materialien als umweltverträglich und gesundheitlich unbedenklich einzustufen und alternativ zu verwenden sind.

Auch eine Zusammenarbeit und Vernetzung auf kommunaler Ebene mit den Umweltschutzbeauftragten in Papenburg (Zukunftsworkshop klimaneutrale Stadt), den lokalen Umwelt-Verbänden und Akteuren wie dem NABU, dem BUND und „people for future“ konnte im Rahmen des Projekts entwickelt werden.

Durch die Teilnahme an dem Projekt „NOW!“ haben sich außerdem zusätzliche positive Resonanzen um das Themenspektrum Nachhaltigkeit ergeben, die vorab nicht absehbar waren, wie z. B. der Thementag „Wie werden wir erdfest?“ mit der Kulturwissenschaftlerin Dr. Hildegard Kurt (Erdfest-Initiative) zu Beginn des Jahres 2023, zu dem viele interessierte Akteure des Wandels eingeladen waren.

Eine weitere inhaltliche Begegnung hatten Dozenten beider Einrichtungen, als sie sich zu „Erd-Charta-Botschafter“ bei der „Ökumenischen Initiative Eine Welt e. V.“ ausbilden ließen. Zwei Ergebnisse aus dieser Ausbildung die Organisation des Erd-Charta-Trainings in Papenburg im Herbst 2024 in Kooperation mit der Historisch Ökologischen Bildungsstätte sowie die Erstellung eines Erd-Charta-Memorys in der Kunstschule Zinnober als niedrigschwelliges Bildungsspiel-Angebot und Bildungswerkszeug für Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen.

Auftakt und Abschluss des „Planet Erde-Projektes“ waren zwei gleichzeitig stattfindende verbindende Aktionen mit der „Erdfest-Initiative“ an den Kunstschulen in Papenburg und Lingen.

Mit der zweitägigen Tagung „Netzwerk Zero/NOW!/SIN – Tagung für Klimaschutz in Kunst, Kultur und Verwaltung“, einer gemeinsamen Veranstaltung der Stiftung Niedersachsen (NOW!), der Kulturstiftung des Bundes (Zero) und der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel (SIN) in Hannover, endet nun das Förderprogramm „NOW!“.

Eingeladen waren Akteure aus Kunst, Kultur, Politik und Verwaltung zum Wissenstransfer sowie zum Diskutieren der zentralen Frage: Wie kann die Kultur stärker zum Klimaschutz beitragen? Mit einem Workshop unter dem Titel „Kunstschulen – kreativ + wirkmächtig“ haben dort auch die Leiter der Kunstschule Lingen und Papenburg, Annette Sievers und Petra Wendholz die Ergebnisse und Erfahrungen des Projekts „Planet Erde“ im Emsland präsentiert.

Wer einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten innerhalb des Projekts bekommen möchte, ist eingeladen sich den Film „Planet Erde – nachhaltig gestalten & halten“, eine Projektdokumentation, filmisch umgesetzt von dem freischaffenden Künstler Stefan Schaffeld, anzusehen (abrufbar auf den Instagram, Facebook und YouTube Kanälen der beiden Kunstschulen).

Dass das Thema Nachhaltigkeit mit dem Abschluss von „Planet Erde“ natürlich nicht endet, darüber sind sich beide Kunstschulen einig. Vieles von dem Erlernten ist bereits in den Kunstschulalltag integriert, vieles wird weiterentwickelt und neu dazukommen. Erfahren haben beide Einrichtungen, dass künstlerische Methoden, Techniken und Mittel sich besonders gut eignen, um sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander zu setzen, es zu erforschen, neue Perspektive zu erkunden, und besser zu verstehen.