Das Lied drückt das Leid der Häftlinge aus, lässt aber zwischen den Zeilen auch die Hoffnung auf ein Ende des Nationalsozialismus durchscheinen. Wolfgang Langhoff, mitverantwortlich für Text und Melodie, schrieb 1935 rückblickend: „Wir, die wir nicht mehr das Leben von Menschen führten, hatten es gewagt, für einige Stunden über uns selbst zu bestimmen, ohne Befehle, ohne Anweisungen, ganz so, als ob wir unserer eigenen Herren wären und als ob so eine Einrichtung wie Konzentrationslager nicht existierte!“ Trotz des raschen Verbots durch die Nationalsozialisten verbreitete sich das Lied durch entlassene Häftlinge bereits in den 1930er Jahren weltweit und ist heute das wohl bekannteste Lied aus den Konzentrationslagern. Mittlerweile existieren mehr als 500 Versionen des Liedes, das zudem in zahlreiche Sprachen übersetzt worden ist.
Mit dem Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes verabschiedete die UNESCO 2003 ein wegweisendes Instrument zur Würdigung überlieferten menschlichen Wissens und Könnens sowie zur Bewusstseinsbildung für dessen lokale, regionale und internationale Bedeutung. Das Übereinkommen soll außerdem die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Immateriellen Kulturerbes durch den Austausch von Informationen und Erfahrungen sowie durch gemeinsame, grenzüberschreitende Initiativen fördern.
Vor diesem Hintergrund sehen Landrat Marc-André Burgdorf, Stiftungsvorstandsvorsitzender der Gedenkstätte Esterwegen, und Dr. Andrea Kaltofen, Gedenkstättenleitung bis 2020, die Anerkennung des Liedes in allen seinen Versionen als Immaterielles Kulturerbe als bedeutenden Schritt: „Das Moorsoldatenlied ist vor 90 Jahren im KZ Börgermoor im Emsland durch Häftlinge komponiert und gesungen worden. Es war ein symbolträchtiger Akt gegen ein Unrechtsregime. Heute ist es weltweit verbreitet und das wohl bekannteste Lied aus den Konzentrationslagern. Es hat von seiner besonderen Anziehungskraft nichts verloren. Seiner großen Bedeutung möchten wir Rechnung tragen, indem wir es zur Aufnahme als Immaterielles Kulturerbe vorschlagen“, betont der Landrat. Kaltofen verweist insbesondere auf einen Kernsatz aus der letzten Strophe des Liedes „Ewig kann’s nicht Winter sein” hin: „Damit drückt das Lied die Hoffnung auf eine bessere Zukunft aus, auf die Überwindung von Gewalt, Terror und Diktatur. Mit Blick auf das Weltgeschehen ist es auch heute noch hochaktuell“.
Die Gedenkstätte Esterwegen wird das 90. Jubiläum der Uraufführung in ihren sozialen Medien und vor Ort vielfältig begleiten.
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